Geben wir zu viel Geld für Übersetzungen aus? Unser Beispiel: Sie sind verantwortlich für die Erstellung und Abarbeitung von Übersetzungen im Unternehmen. Einen Teil übersetzen Sie intern, den Rest beschaffen Sie bei einem oder mehreren Dienstleistern. Sie nehmen Quelltexte entgegen, besorgen auf die eine oder andere Art die Übersetzung, kümmern sich um ein Layout und ein Lektorat und händigen Ihrem Kollegen schließlich die fertige Übersetzung aus. Schließlich kümmern Sie sich um die Freigabe und korrekte Kontierung der Rechnungen. Die gute Frage: Kann man die Kosten für die Übersetzungen denn reduzieren? Und ob.
Wo kommen die Kosten her?
Die Reduzierung von Übersetzungskosten ist ein oft angefragtes Thema bei unserer Beratung in Industrieunternehmen. Der erste Schritt zur Verringerung ist immer erst die Feststellung der Kosten, und zwar aller Kosten von Anfang bis Ende:

So muss man als erstes realisieren, dass die Gesamtkosten für die Übersetzung aus mehreren Komponenten besteht und nicht nur aus einer Rechnung die am Monatsende vom Sprachdienstleister kommt. Und jede dieser Komponenten birgt unterschiedliches Potential für Ihre Einsparungen.
Projektmanagement von Übersetzungsaufträgen
Der Anfang: „Hallo, ich brauche eine Übersetzung, Datei ist angehängt, Danke.“
Natürlich hat Ihr liebenswerter aber ansonsten leicht lädierte Kollege einiges vergessen. Schon wieder. Die Datei ist natürlich eine PDF, enthält außerdem eine Latte von textbehafteten Bildern, die Kostenstelle fehlt, die Deadline sowieso, und Sie wissen, dass es wahrscheinlich ins Englische gehen soll. Aber das können Sie nur raten. Ob es Britisch oder Amerikanisch werden soll weiss der oben genannte Kollege erst nach mehrfacher Rückfrage weil sein Ansprechpartner im Urlaub ist. Sie sehen: Sie sind nicht allein.
Ihr Kollege wusste es nicht besser. Aber am Ende ist er der Einzige, der die Word-Datei auf seinem Laufwerk C:\ beschaffen kann, die Zielsprache wirklich weiss und überhaupt erst sagen kann welche Kostenstelle hier belastet werden soll. Und, wenn der Text kurz genug ist, werden Sie am Ende mehr Zeit dabei verbraten ( = Geld verbrennen) diese Informationen zu beschaffen und das Projekt in die richtige Bahn zu lenken, als Sie denken und sogar mehr Geld als Ihr Dienstleister schließlich in Rechnung stellen wird.
Ihr Einsparungspotential: Monströs
Methode: Übersetzungsleitfaden, Quality Gate für Übersetzungsprojekte
Aufwand: Mäßig
Layout der Quelldatei
Immer wieder gern gehört: „Ich hab erst einen auf Landschaftsgärtner gemacht und dann im Selbststudium auf Grafiker umgesattelt.“
Zu oft um wahr zu sein trifft man im Übersetzungsprozess auf Dokumente, die offensichtlich von Kindern oder Außerirdischen angelegt wurden. Oder außerirdischen Kindern. Solches Layout stammt von Leuten, die nicht wissen was hängende Erstzeileneinzüge sind oder Spaltenumbrüche bedeuten könnten. Außerirdisches Layout stammt von Leuten, die von Quark auf Indesign umgesattelt haben und von daher nicht wissen wie Tabellen funktionieren. Und außerirdisches Layout ist genau wie im Film „Men in Black“: Auf den ersten Blick sieht es alles OK aus, aber im Übersetzungsprozess kommt eine schrecklich ekelhafte Schabe zum Vorschein, die schließlich allen um die Ohren fliegt.
Die durch schlechtes Layout entstehenden Kosten sind unmenschlich hoch. Die Translation Memories kommen gar nicht zum Zug, weil die Sätze von Idioten mit harten Umbrüchen gehäckselt wurden und statt der Aufzählungsfunktion Leerzeichen, Umbrüche und Sonderzeichen verwendet wurden. Mit ins Gewicht fallen Dateien mit Schriftarten, die z.B. gar kein Chinesisch können oder für die Übersetzung nicht den benötigten Platz einräumen. Last but not least wird Ihr Grafiker womöglich noch spektakuläre (aber sinnlose) Texte hinter Bildern verbergen oder außerhalb des Druckbereichs parken. Alles in allem eine leider alltägliche Katastrophe, die nur mit furchtbarem Mehraufwand bei der Dateivorbereitung kompensiert werden kann. Was ganz niedlich auf Papier aussieht muss noch lange nicht von einem guten Grafiker gemacht worden sein.
Einsparungspotential: Überirdisch
Methode: Styleguide für Quelldokumente, Schulung der Grafiker
Aufwand: Mittel
Die Preisverhandlung mit dem Sprachdienstleister
Wie man (ein) wenig spart: „Der Einkauf wird mit dem Sprachdienstleister verhandeln und denen mal ordentlich auf die Finger klopfen.“
Es scheint alles so einfach zu sein: Man verbrennt 25 Manntage bei der Vor- und Nacharbeit des außerirdischen Layouts, dem internen Projektmanagement und endlosen Amok-Lektoraten der Auslandsniederlassung. Wenn am Ende die Rechnung über 4000 Euro für die Übersetzung ins Haus flattert schreien alle den Dienstleister an und wollen über Preise reden. Nun, es ist immer gut die Preise beim Dienstleister zu verhandeln, es ist aber noch wichtiger die Preise und Rabatte zu verstehen und seine Texte und Übersetzungsaufträge darauf auszurichten. Wenn Sie mit viel Druck bei Ihrem Übersetzungsbüro 10 % beim Zeilenpreis aushandeln – herzlichen Glückwunsch: Sie haben womöglich 1 % bei Ihren Gesamtkosten für die Übersetzungen eingespart.
Am Ende wird die Einkaufsabteilung Ihres Unternehmens damit beauftragt „preislich aufzuräumen“ und einen „Rahmenvertrag auszuhandeln“. Der Griff in die Trickkiste Ihres Einkaufs ist immer gleich und sie handeln einen Nachlass aus. Und schließlich wollen wir den zentral vorgegebenen Prozessen des Unternehmens entsprechen. Aber: Kann jemand, der ansonsten Unterlegscheiben und Chemikalien für den Betrieb einkauft auch die Beschaffung von Sprachdienstleistungen zielgerichtet durchführen? Und ist das die richtige Stelle um die Kosten auch wirklich einzusparen? Vielleicht. Viel besser: Finden Sie heraus wie abgerechnet wird. Ermitteln Sie die Rabatte die Ihr Dienstleister bei Translation Memory Wiederverwendung einräumt. Legen Sie fest wie Wiederholungen behandelt werden. Aber: Unserer Erfahrung nach hat es sich gezeigt, dass es manchmal billiger und besser ist mit dem Dienstleister über eine Erhöhung zu sprechen statt über einen Nachlass. Aber das entscheidet sich von Fall zu Fall. Denken Sie daran: Wenn alles gut läuft und alle Texte, Prozesse und Dateien in Ordnung sind … dann können Sie langsam Ihr Gespräch mit dem Sprachdienstleister über Preise führen. Vorher nicht.
Einsparungspotential: Gering
Methode: Verständnis für Preisermittlung und Rabatte entwickeln
Aufwand: Gering
Quelltext und Lektorat
Shakespeare war eine Lusche, die Jungs vom Vertrieb können richtig gut texten: „Ich kann richtig gut schreiben. Und wenn die Übersetzung nicht so gut ist wie mein Original, dann ist das die Schuld vom Übersetzer“
Die Qualität des Deutschunterrichts ist das Ergebnis der Qualität unserer Deutschlehrer: Katastrophal. Statt zu lernen wie man kommuniziert haben wir gelernt wie man möglichst viele Wörter aneinanderreiht und nebenbei die Rechtschreibregeln in der jeweils gültigen Fassung einhält. Moderne Kommunikation ist etwas anderes. Wenn nun ein Hobbytexter, der nebenbei Vertriebsleiter ist, seine Texte fröhlich in den Gesamtkatalog faselt, müssen wir kritisch hinterfragen: Brauchen wir diese Texte überhaupt in dieser Ausführung, warum sind die Sätze so lang und warum ist nicht allen Beteiligten klar, dass man Metaphern und Wortspiele nicht übersetzen kann? Schlechte Texte von Amateuren, die es gut meinen, kosten zuviel Geld und überleben den Übersetzungsprozess ohnehin nicht so wie sie sollen.
Man hätte diesen Text auch in einem einzigen 50 Zeilen langen Satz schreiben können ohne einen formellen Fehler begangen zu haben. Aber lieber nicht. Eine klare Sprache hilft allen Beteiligten, den Textern, den Übersetzern und den Lektoren. Und vor allem helfen sie einem: Dem Leser. Der hat ja gar keine Lust zu lesen und schon gar nicht die Zeit. Und niemand kommt nach hause und berichtet seiner Frau, dass er 500 Unterlegscheiben gekauft hat nur weil die Texte dazu so schön waren. Bei Übersetztungen von guten Texten kann ganz auf aufwändige Lektorate verzichtet werden. Und gute Texte erlauben es dem Adressaten überhaupt zu verstehen, was wir kommunizieren wollten. Und gute Texte treten die Tür auf dahin wo wir eines Tages hin wollen: Vielleicht zu maschineller Übersetzung mit vereinfachten Lektoraten.
Unserer Erfahrung nach können die Kosten für die Lektorate Ihrer textenden „Faselmafia“ die Kosten für die Übersetzung um ein Vielfaches übersteigen. Kosten, die mit vernünftiger und kontrollierter Kommunikation in gutem Deutsch fast komplett eingespart werden könnten.
Einsparungspotential: Spektakulär
Methode: Verständnis für gute Kommunikation entwickeln, Styleguide für Quelltexte
Aufwand: Mittel bis hoch
Fazit
Schauen Sie sich alle Prozessschritte an bevor Sie beim Dienstleister an den Daumenschrauben drehen. Sorgen Sie für saubere Quelltexte und räumen Sie bei Ihren Dateien auf. Sorgen Sie für Quelltexte, die man übersetzen kann und lenken Sie die Lektorate in geordnete Bahnen.

Einsparung von Übersetzungskosten: Fahrplan
- Kosten beim Dienstleister ermitteln = Preise analysieren, mit Hinblick auf genau Ihre Aufträge mit Dienstleister diskutieren
- Quelldaten technisch aufräumen = Dateiformate, eingebettete Illustrationen, Umbrüche, übersetzungsgerechtes Layout
- Quelldaten sprachlich aufräumen =
Übersetzung entlasten bis hin zur kompletten Abschaffung von Niederlassungs-Lektoraten - Prozesse straffen = Reproduzierbare, messbare und optimierbare Kosten für Ihre Projekte schaffen
- Und schließlich: Automatisierung = Händische Übergabe abschaffen, automatisches Handling der Prozessschritte bis hin zu hocheffizienten Übersetzungen mit maschineller Übersetzung
Viel Erfolg. Es lohnt sich.